Bewerbung bei der Bundeswehr

Untenstehendes Telefonate führte der Berliner Künstler Lo Blickensdorf im Jahr 2002. Dankenswerterweise stellte er mir die Mitschrift im Februar 2003 zur Verfügung.

 

Bundesverteidigungsministerium: Vorzimmer Frau ... (Name undeutlich, im Hintergrund ein Geräusch wie von einem Staubsauger ) ...guten Tag?

Anrufer: Ja, guten Tag... ich bin Kunstmaler und will mich bei Ihnen bewerben.

Bundesverteidigungsministerium: ... (man hört ein paar Sekunden nichts)

Anrufer: Hallo? Sind Sie noch da?

Bundesverteidigungsministerium: (die Vorzimmerdame spricht plötzlich ganz langsam – wie ihr oberster Chef Scharping)  Äh... ja, ja ... hm... ich überlege nur gerade, wer da für Sie zuständig ist... ähm...

Anrufer: Aber ich bin doch bei Ihnen richtig – Abteilung für Personalangelegenheiten?

Bundesverteidigungsministerium: Ja, ja. Ich suche nur gerade einen Ansprechpartner für Sie...

Anrufer: Das ist schön...

Bundesverteidigungsministerium: ... ähm... wir haben also hier nur ...äh...die Arbeiter, Angestellten und Beamten des einfachen, äh... mittleren und gehobenen Dienstes...äh...

Anrufer: Ja?

Bundesverteidigungsministerium: ...aber ich wüsste auch gar nicht, wer Kunstmaler bei uns macht...hm...(überlegt)...

Anrufer: Wer könnte mir denn da weiterhelfen?

Bundesverteidigungsministerium: Tjaaa...ich.. äh...mein Kollege kommt wahrscheinlich heute nicht mehr rein... der ist gerade in einer Besprechung.

Anrufer: (glaub ich nicht, der ist schon bestimmt im Wochenende. Und das mitten im Krieg!!!)...ah ja...schade...

Bundesverteidigungsministerium: Kann ich Sie am Montag zurückrufen? Dann kann ich ihnen mit Sicherheit sagen, wer dafür zuständig ist.

Anrufer: Ja...das wäre nett.

Bundesverteidigungsministerium: Also sie bewerben sich als Kunstmaler – hab ich das richtig verstanden?

Anrufer: Ja.

Bundesverteidigungsministerium: Gut... geben sie mir kurz ihre Telefonnummer?

(Der Anrufer sagt sie ihr)

Bundesverteidigungsministerium: Okay, ja, hab’ ich notiert. Ich meld’ mich dann am Montag bei Ihnen...

Anrufer: Prima, danke. Bis Montag...

Bundesverteidigungsministerium: (erleichtert) Super! Tschühüss...

 

Anruf am Montag beim Generalinspekteur der Bundeswehr:

 Vorzimmer Generalinspekteur der Bundeswehr: Vorzimmer Generalinspekteur, Guten Tag.

Anrufer: Ja, guten Tag... ich bin Kunstmaler und will mich bei Ihnen bewerben.

Vorzimmer Generalinspekteur der Bundeswehr: (vorwurfsvoll) Ja aber da sind sie hier völlig falsch. Hier sind Sie im Vorzimmer des Generalinspekteurs. Wir stellen hier keine Leute ein.

Anrufer: Wer macht das denn?

Vorzimmer Generalinspekteur der Bundeswehr: Na Ihr zuständiges Kreiswehrersatzamt würde ich mal sagen...

Anrufer: Ach so...

Vorzimmer Generalinspekteur der Bundeswehr: ...oder die Stadtdienststelle des Heeres in Köln...oder in Bonn bei der Personalabteilung in Bonn.

Anrufer: Ahja...

Vorzimmer Generalinspekteur der Bundeswehr: Ne? Das machen sie mal schön da...ne?

Anrufer: Okay. Wiederhören.

 

Anruf beim Kreiswehrersatzamt:

Kreiswehrersatzamt: Bundeswehr Oberspree, Guten Tag.

Anrufer: Ja, guten Tag... ich bin Kunstmaler und will mich bei Ihnen bewerben.

Kreiswehrersatzamt: Hier bei der Bundeswehr?

Anrufer: Ja.

Kreiswehrersatzamt: Bei uns sind sie hier ganz falsch.

Anrufer: Aber das Kreiswehrersatzamt stellt doch Leute ein?

Kreiswehrersatzamt: Nein, wir stellen auch keine Leute ein. Aber ich geb’ ihnen mal eine Rufnummer von der Standortverwaltung....

 

Anruf bei der Standortverwaltung Berlin:

Standortverwaltung: (Frauenstimme) Bundeswehr, Guten Tag...

Anrufer: Ja, guten Tag... ich bin Kunstmaler und will mich bei Ihnen bewerben.

Standortverwaltung: Ich verbinde zur Personalabteilung...

(Tonbandstimme „Bitte warten“)

Standortverwaltung: (sonore Männerstimme mit Berliner Dialekt) Sie wollten zum Heeresmusikkorps, wa?

Anrufer: Nein, nein. Zur Personalabteilung.

(Tonbandstimme „Bitte warten, hold the line please“)

Standortverwaltung: (Name undeutlich) Hallo?

Anrufer: Ja Guten Tag, ich wollte mich bei ihnen als Kunstmaler bewerben, bin ich da bei ihnen richtig? Mit wem spreche ich bitte?

Standortverwaltung: (legt auf)

Erneuter Anruf bei der Personalabteilung der Standortverwaltung Berlin:

Personalabteilung: (Männerstimme) Personalabteilung. Guten Tag.

Anrufer: Ja Guten Tag, ich wollte mich bei ihnen als Kunstmaler bewerben, bin ich da bei ihnen richtig?

Personalabteilung: Bei der Bundeswehr?

Anrufer: Ja. Ich male ihnen locker einen Panzer aus verschiedenen Perspektiven. Könnte ich ihnen zumailen.

Personalabteilung: Ne, ne. Das glaub ich Ihnen. (Pause) Also Sie wollen zur Bundeswehr, und dort Kunstmaler werden?

Anrufer: Ja, ja. Ich hab sogar einen Wehrpaß. Aber leider nur Ersatzreserve 2. Aber vielleicht hilft das ja?

Personalabteilung: Naja also ... wir haben keine eigenen Posten als Kunstmaler.

Anrufer: Aber früher gab’s doch so was.

Personalabteilung: Wat heißt früher?

Anrufer: Früher zur Kaiserzeit. Da gab es saugute Schlachtenmaler.

Personalabteilung: Stimmt.

Anrufer: Die Engländer, also der Tommy, hat heute noch Schlachtenmaler beschäftigt.

Personalabteilung: Ja?

Anrufer: Ja. Damals im Falklandkrieg. Ich habe die Bilder mal gesehen. Stinkelangweilig, da war nur Wasser zu sehen...

Personalabteilung: Na ja, es werden im Moment kaum noch Schlachten ge...äh...

Anrufer: Was nicht ist, kann ja noch werden...

Personalabteilung: hm.

Anrufer: Ich meine, es müssen ja auch nicht unbedingt Schlachten sein. 

Personalabteilung: Wie ich schon sagte. Also noch mal: Ich habe keine Dienstposten was Malerei betrifft. So was gibt es nicht bei uns.

Anrufer: Vielleicht weil noch niemand darauf gekommen ist?

Personalabteilung: Na ja, ich kann die aber auch nicht zaubern.

Anrufer: Aber könnten Sie so was nicht bei ihren Vorgesetzten mal anregen, dass so etwas wieder eingeführt wird?

Personalabteilung: Schlecht.

Anrufer: Schade.

Personalabteilung: Ich gebe Ihnen mal einen Tipp: In Berlin gibt es ein Luftwaffenmuseum.

Anrufer: Ah das kenn ich. Das ist sehr schön. In Gatow, richtig?

Personalabteilung: Das ist korrekt.

Anrufer: Da sieht man viele Flugzeuge, Hubschrauber und so.

Personalabteilung: Ja und die haben vieler Bilder anner Wand. Über diese Schiene könnte man eventuell einen Posten dafür bekommen. Den müssten die Kommandobehörden stellen, sprich die obersten militärischen Dienststellen, sozusagen genehmigen. Beziehungsweise, die müssten dann den Posten schaffen.

Anrufer: Aber ich hatte mir was ganz anderes vorgestellt: Ich will lieber vor Ort malen, raus, da wo Action ist: Afghanistan, Somalia und neuerdings auch in Kenia. Da wo die Bundeswehr im Ausland stationiert ist. Soldaten in ihren schicken Tarnanzügen. Helden. Da ist es doch viel interessanter. Nur tote Soldaten könnte ich nicht malen – weil ich kein Blut sehen kann. Aber sonst...

Personalabteilung: Hmm...

Anrufer: Und so dass man dadurch auch das Image der Bundeswehr ein wenig aufpoliert. Weil die Bundeswehr steht ja im Moment nicht sehr heldenhaft da.

Personalabteilung: Ja. Aber da bin ich im Moment ein bisschen überfragt. Aber ich versuche mal, Sie mit meinem Chef zu verbinden....

(Tonbandstimme „Bitte warten, hold the line please“)

Personalabteilung: Hallo, ich bin wieder dranne. Mein Chef ist zur Zeit nicht da. Aber ich denke mal, es gibt keine Möglichkeit für Sie.

Anrufer: Aber für’s Image der Bundeswehr wäre das doch gut...

Personalabteilung: Das Image, na ja, sicherlich hätten wir da Handlungsbedarf, aber wir hätten keine Möglichkeit, mit ihrer Malerei das Image aufzupolieren.

Anrufer: Die Bundeswehr bringt doch die Zeitung „Ypsilon“ heraus. Vielleicht wäre das dann eine Plattform, wo man meine Bilder veröffentlichen könnte? Dann bekomme ich einen Dienstgrad: Malerleutnant oder so...

Personalabteilung: Ich geb’ ich Ihnen mal eine Telefonnummer, die machen Öffentlichkeitsarbeit. Vielleicht wissen die was. Die bringen so Broschüren raus und so. Versuchen sie’s da mal... Über unsere Schiene läuft’s nicht. Tut mir leid. (er nennt eine Telefonnummer)

Anrufer: Okay. Kann man nix machen. Erst mal vielen Dank.

Personalabteilung: Wiederhören.

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